Bericht vom Restauratorkurs 2018

Im Bauhofstadel Bad Windsheim

Alle elf Teilnehmer des Vorbereitungskurses auf die Prüfung zum Restaurator im Zimmererhandwerk , der von Februar bis April 2018 am Bundesbildungszentrum des Zimmerer- und Ausbaugewerbes stattfand, haben die Prüfungen vor der Handwerkskammer Kassel erfolgreich bestanden!

Mit Präsentation und Verteidigung der Hausarbeit im Juni 2018 war die letzte Hürde genommen.

Die oben gezeigte Abbildung beweist, dass ein Museumsbesuch nicht öde sein muss. Sie entstand bei der Abschlussexkursion der Teilnehmer im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim im Museumsobjekt Nr. 91, der Kegelbahn aus Eichstätt von 1829 (d).

Der Jahrgang 2018 des Vorbereitungskurses auf die Prüfung zum Restaurator im Zimmererhandwerk hat mit viel Engagement und heißem Tee die „Denkmaltauglichkeit“ bewiesen.

Während im gut geheizten Seminarraum alle Begleitumstände einer Umbaumaßnahme in Kauf nehmend, mit Kaiser Barbarossa und Baumeister Schinkel die Entwicklung der Bau- und Kunstgeschichte abgeschritten, mit Gauss und Newton denkmalverträgliche Wärmedämm- Maßnahmen und Deckenbalken- Anschuhungen nachgerechnet und mit vielen anderen Quellen weitere theoretische Grundlagen der Baudenkmalpflege erschlossen wurden, galt es, im Februar und März bei Eiseskälte und Regen am realen Baudenkmal Hand anzulegen. Die vorangestellte Übung zum technischen Freihandzeichnen förderte das ein oder andere „Naturtalent“ zu Tage.

An einem Fachwerkgebäude im nordhessischen Felsberg wurden Gebäudeteile in einem verformungsgerechten Aufmaß erfasst und zeichnerisch dargestellt. Neben „Bordmitteln“ wie Maurerschnur, Lot, Bandmaß, Papier und Bleistift wurden auch Tachymeter und Zeichenprogramm eingesetzt.

In Zusammenarbeit mit der UNI Kassel konnte ebenfalls ein Totalscanner zum Einsatz gebracht werden. Alsbald stellten sich Grenzen und Potenziale händischer und computergestützter Arbeit heraus, wobei die verschiedenen Techniken nicht konkurrierend, sondern einander ergänzend eingesetzt wurden.

Ein dreidimensionales Orientierungssystem erwies sich zur systematischen Bezeichnung der einzelnen Bauteile der Fachwerkkonstruktion bestens geeignet. Auf diesem Weg entstand eine Arbeitsgrundlage für alle weiteren Schritte und Beteiligten.

Nach theoretischer Vertiefung der Kenntnisse um Holzschädigungen wurden diese am Objekt angewandt und die Ergebnisse in der Zustandskartierung zusammengefasst.

Die Zeichnung ist das „Sprachmittel“ des Technikers und so ist nicht verwunderlich, dass Schadensmechanismen und bauliche Veränderungen erst in der Gesamtbetrachtung der zeichnerischen Bestandsaufnahme und Zustandsuntersuchung deutlich werden.

So zeigte sich am Objekt in Felsberg, dass bauliche Schäden auch im Zusammenhang mit einer Veränderung der Erdgeschossfassaden in vergangenen Jahrzehnten standen.

In einem nächsten Schritt wurden auf Grundlage der erstellten Zeichnungen nun verschiedene Restaurierungskonzepte erarbeitet, Detaillösungen geplant und  Kosten kalkuliert, die in der Nachkalkulation weitgehend Bestätigung fanden.

Es ist den Lehrgangsteilnehmern hoch anzurechnen, dass sie trotz Regens die geplanten exemplarischen Reparaturen in die Tat umgesetzt und zum Abschluss gebracht haben.

Die enge Verknüpfung von Theorie und Praxis, die schnelle Rückmeldung „was geht, was geht nicht“, war durch die Verfügbarkeit des Felsberger „Übungsobjektes“ in bester Form gegeben. 

Wie haben unsere Vorfahren Kanthölzer hergestellt und profiliert?  Welche Anstrichsysteme eignen sich zur Gestaltung von Fachwerkfassaden? In jeweiligen praktischen Übungen wurde Muskelkraft und Fingerspitzengefühl auf theoretischer Grundlage geschult.

Es besteht kein Zweifel, dass die Absolventen des Jahrgangs 2018 praxistaugliche Restauratoren im Zimmererhandwerk sein werden.

Exkursionen
Zur guten Praxis einer Fortbildung gehört auch, das theoretisch erworbene Wissen am Objekt zu überprüfen. Auf Exkursionen durch Nordhessen und Südniedersachsen wurden Stilkundliche und Denkmalrechtliche Fragestellungen (bei bester Verpflegung) erörtert.

Die Abschlussexkursion führte nach Bad Windsheim. Das besondere hieran besteht in der Verbindung der historischen Altstadt und dem Freilandmuseum, die fachlich nahtlos ineinander übergehen. So wird auch erkennbar, dass es das „Fränkische Haus“ so nicht gibt, sondern in Abhängigkeit von Topographie, Wirtschaftsweise und Baumaterial Bautypen entstanden.

Mit dem Mittelalterachchäologen M. Scheffold wurde nun auch die Sammlung von Dachwerkmodellen im ohnehin sehenswerten Dachwerk der Spitalkirche besichtigt. Der Bauhofstadel von 1443 (d) am originalen Standort in Windsheim bildete den Rahmen für einen würdigen Abschluss der Exkursion und des Lehrgangs.

Mehr Praxisnähe geht nicht!