Er wurde am 20.7.1940 als Sohn des Zimmermeisters Rudolf Oesterheld geboren. Seine Zimmererlehre machte er im väterlichen Betrieb in Witzenhausen. Nach dem Tod des Vaters wurde der seit 1725 bestehende Familienbetrieb geschlossen. Rudolf Oesterheld arbeitete danach als Geselle in der Kasseler Zimmerei Kretschmer, in der schon sein Vater ausgebildet worden war. Mit 34 Jahren legte er die Meisterprüfung ab. Als Zimmermeister arbeitete er noch etwa ein Jahr bei Firma Kretschmer, danach zwei Jahre in einem Ingenieurbüro und nebenberuflich als Berufsschullehrer und Ausbilder in der überbetrieblichen Ausbildung (ÜBA). Sein Vorgänger als praktischer Ausbilder Franz Zaun bat ihn, alle Schiftaufgaben übersichtlich neu zu zeichnen. Diese Aufgabe weckte möglicherweise sein Interesse, mit 37 Jahren hauptberuflicher Ausbilder in der ÜBA und im Meisterkurs zu werden. Später wurde ihm die Leitung der Lehrwerkstätte übertragen. Humorvoll weihte er tausende angehende Zimmerleute und Meister in die Geheimnisse der Schiftung und die richtige Verwendung von Werkzeugen und Maschinen ein. Auch die Pflege des Brauchtums lag ihm am Herzen. Bei der Übergabe von in der Ausbildung entstandenen Spielhäuschen an Kindergärten und Schulen weckte er schon früh Interesse an unserem Beruf bei Kindern, die noch nie das Wort „Zimmermann“ gehört hatten. Im praktischen Unterricht nutzte er geschickt die damaligen technischen Möglichkeiten.
Ein Höhepunkt seiner beruflichen Laufbahn war, dass er 1983 mit seinen Ausbilder-Kollegen in das neue Zentrum in der Werner-Heisenberg-Straße umziehen konnte. Hier war alles größer und komfortabler. Er hatte vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. In dieser Zeit stieg die Kapazität des Meisterkurses auf 60 Schüler, die auf zwei Klassen verteilt wurden. Besondere Ereignisse, die aus dem Ausbildungsalltag hervorstachen, waren die Lehrlingsaustausche mit Frankreich und die Aktion „Jetzt oder nie“. Bei diesem Fernsehformat wurde versucht, Projekte, für die eigentlich keine finanziellen Mittel zur Verfügung standen, mit Spenden und freiwilligem Engagement in Rekordzeit umzusetzen. 1991 war es Ziel, das Giraffenhaus des Magdeburger Zoos in 80 Stunden zu errichten. Rudolf Oesterheld nahm diese Herausforderung zusammen mit 22 Meisterschülern an, die dafür vom Unterricht freigestellt wurden. In einem großen Team mit vielen anderen Helfern arbeiteten sie rund um die Uhr – unterbrochen von Schlafpausen in der benachbarten Turnhalle. Nachts um 3 Uhr wurde die Richtkrone aufgezogen. Völlig erschöpft, aber überglücklich, bei diesem Event dabei gewesen zu sein, fuhr die Gruppe zurück nach Kassel. Die Schüler, die damals diese enorme Leistung unter Anleitung von Rudolf Oesterheld erbrachten, werden sich sicher immer an diese Herausforderung erinnern.
1999 erhielt er die silberne Ehrennadel von HOLZBAU DEUTSCHLAND - Verband Hessischer Zimmermeister. Mit 62 Jahren ging er 2002 in den verdienten Ruhestand. Er hat das Ausbildungszentrum und die Bundesfachschule geprägt wie kaum andere. Generationen von Zimmerleuten verbinden ihre Ausbildungs- und Meisterschulzeit mit dem Namen Oesterheld. Wir sind ihm dafür zu tiefer Dankbarkeit verpflichtet.